Slogans für soziale arbeit

Workshops und Beispiele aus der Öffentlichkeitsarbeit Sozialer Arbeit

Seit mehreren Jahren begleite ich soziale Organisationen, Netzwerke, Bildungsträger und Social-Profit-Organisationen auch durch Workshops in ihrer Öffentlichkeitsarbeit. Der Fokus liegt meist auf Text und Sprache: also z. B. die eigenen Kernbotschaften finden – oder dauerhaft besser im Blick behalten. Oft kristallisiert sich im Prozess heraus, dass die Bedürfnisse der Zielgruppe(n) oder bereits definierte Slogans und Botschaften zu wenig im Fokus stehen.

Und immer wieder geht es um die Frage: Wie machen wir eine kreative Öffentlichkeitsarbeit »nebenher«, mit wenig Ressourcen? Oft fließen die Ergebnisse der Workshops später in Redaktionsstandards, Konzepte oder Leitfäden für die Öffentlichkeitsarbeit ein.

Ich entwickle Workshops für soziale Organisationen individuell, den Anfragen und Bedürfnissen entsprechend. Im Lauf der Zeit haben sich aber ein paar Bausteine entwickelt, auf die ich gern zurückgreife.

Einige Beispiele:

Text-Coaching

Vor einem Text-Coaching mache ich meist eine Bestandsaufnahme der bisherigen Kommunikation meiner Auftraggeber*innen. Ich gebe in meinen Worten wieder, wie diese auf mich wirken: Wer fühlt sich angesprochen – oder nicht? Wie sachlich oder emotional ist die Sprache? Ist eine klare Kernbotschaft erkennbar? Zusammen schauen wir uns wichtige Regeln und Prinzipien des Marketing-Textens an:

Der Unterschied zwischen Schreiben und Texten
Texten ist zielgerichtetes, strukturiertes Schreiben, das einer bewusst gewählten Tonalität folgt. Die Autorschaft tritt in den Hintergrund; stattdessen orientiert sich das Texten an einer Sprache, die die Werte der Organisation widerspiegelt.

Würdest du im echten Leben jemanden so begrüßen?

»Herzlich willkommen bei uns in der Beratungsstelle«, sagst du wohl nicht zu deinen Klient*innen. Eher nimmst du ihnen mit einem »Hallo!« den Mantel ab, bietest ein Glas Wasser und eine Sitzgelegenheit an. Zeigen statt sagen ist ein wichtiges Prinzip beim Texten. Aber wie kannst du bildhaft und authentisch vermitteln, dass dir eine gute Beziehung zu deinen Leser*innen wichtig ist?

Tipp: Versuche, dich beim Texten so zu verhalten, als würdest du mit einem echten Menschen sprechen. Mach Smalltalk, stelle Fragen und überleg dir, was dein Gegenüber am drängendsten von dir wissen möchte. So zeigst du emphatisch, dass deine Zielgruppe dir willkommen ist, und musst es nicht extra sagen.

Wenn du wirklich Kommunikation in Gang bringen willst, ist eine wichtige Subbotschaft in jedem Marketingtext: »Ich rede mit dir, ich bin ein Mensch.« Gern kannst du dabei Fachsprache nutzen, das macht dich als Sozialarbeiter*in authentisch. Aber wie unter Kolleg*innen solltest du dein Gegenüber stets mitnehmen und dich gedanklich immer wieder rückversichern, dass alle die Chance haben, mitzukommen.

Also, fang beim Texten mit den Fragen und Bedürfnissen deiner Zielgruppe an.

Hier ein Text-Beispiel für eine Organisation, die sozialpädagogische Familienbegleitung macht:

Für viele Sozialarbeiter*innen ist es neu und ungewohnt, in Marketing und Öffentlichkeitsarbeit die Außenperspektive einzunehmen. Das liegt wohl daran, dass wir in unserer Ausbildung meist lernen, wissenschaftlich zu schreiben, Projektanträge, Evaluationen und Co. sich an Fachzielgruppen richten, aber selten schreiben wir für die Adressat*innen Sozialer Arbeit selbst.

In Workshops biete ich deshalb manchmal an, zusammen die eigene Website anzuschauen und einfach jedes »Wir« oder »Uns« in ein »Du« oder »Sie« umzuformulieren.

Außenperspektive einnehmen

Die Teilnehmer*innen setzen sich dann automatisch anders mit ihren Botschaften auseinander.

Die Angst vor dem leeren Blatt beschäftigt viele Workshop-Teilnehmer*innen. Und der Texteinstieg: »Wie wecke ich Aufmerksamkeit, wie schreibe ich so, dass es die Menschen auch wirklich interessiert?« Ich bringe in die Workshops gern drei »Textformeln« ein, die die Marketingtexterin und Autorin Daniela Rorig in ihrem Buch »Texten können« (Rheinwerk-Verlag, 2020) beschreibt:

Das AIDA-Prinzip ist die bekannteste »Textformel«: Es beschreibt den Weg der Zielgruppen von einem ersten, vagen Bewusstsein für ein Thema oder eine Problematik über ein tiefergehendes Interesse und stärker werdendes Verlangen nach einer Lösung bis hin zur Handlung, die dafür ausgeübt werden muss.

Beim Texten kannst du dich so daran orientieren:

  • Überraschen, zum Lachen bringen, Nutzen versprechen (Attention)
  • Leser*innen erkennen lassen, was der Text mit ihnen zu tun hat (Interest)
  • Argumentation mit vernünftigen Gründen, die auch den Kopf überzeugen (Desire)
  • Verbindung zu deinem Angebot herstellen und klarstellen, wie die Leser*innen es bekommen (Action)

Das SQM-Prinzip ist ähnlich. Hier steigst du mit einem »Schmerzpunkt« ein; also einem Problem, das deine Zielgruppe umtreibt und für das du die Lösung bietest. Du beschreibst dann den Schmerz genauer (»Was passiert, wenn das so weitergeht? Wo wird die Zielgruppe in zehn Jahren stehen …?«) und stellst einen Bezug zu deinem Angebot (als »Medizin«) her.

In einem Workshop ist mit dem SQM-Prinzip die folgende Text-Struktur entstanden, um ein Projekt zur interkulturellen und diskriminierungskritischen Öffnung der Arbeitswelt zu bewerben:

Beim BELA-Prinzip versprichst du mit der Headline einen Erfolg (Belohnung), zeigst dann im weiteren Textverlauf, dass du die Hürden und Probleme deiner Leser*innen kennst – vielleicht am Beispiel einer Person, die das Ziel bereits erreicht hat – (Empathie), untermauerst den Nutzen rational mit Zahlen und Details (Lösung) und gibst der Zielgruppe eine Orientierung, wie sie sich den Nutzen sichern kann (Aufforderung).

Frei zitiert aus: Rorig, Daniela: Texten können – das neue Handbuch für Marketer, Texter und Redakteure. Erschienen 2019 beim Rheinwerk Verlag.

Weitere Faustregeln fürs Texten sind: aktiv statt passiv formulieren, Substantivierungen meiden und stattdessen Verben nutzen, Adjektive durch Beschreibungen ersetzen, etc.

Was ich Workshop-Teilnehmer*innen gern mitgebe: Die Handlungsaufforderung nicht auf dem Blick zu verlieren! Jeder Marketingtext hat ein klares Ziel. Lass deine Leser*innen nicht allein mit der Frage: »Und was soll ich jetzt tun?«, sondern nimm sie an der Hand.

Versprich einen Nutzen. Warum soll ich das lesen?

Nutzen versprechen

Formuliere prägnant. Dabei helfen Zahlen und angekündigte Ergebnisse:

prägnant formulieren

Nutze Reizwörter. Das muss nicht werblich wirken.

Reizwörter nutzen

Typische Reizwörter in Marketingtexten sind:

  • plötzlich
  • jetzt
  • Ankündigung
  • großartig / toll
  • Einführung
  • Verbesserung
  • sensationell
  • bemerkenswert
  • revolutionär
  • erschreckend
  • Wunder
  • zauberhauft
  • Angebot
  • erwünscht
  • einfach
  • gesucht
  • Herausforderung
  • Vergleich
  • Schnäppchen
  • Eile / schnell

Welche kannst du nutzen, ohne platt zu wirken?

Um Kernbotschaften zu definieren, kannst du überlegen: Gibt es schon einen Slogan oder Claim unserer Organisation? Welche Bedeutung hat er speziell für mein Projekt oder meinen Arbeitsbereich? Wie können wir ihn stärker nutzbar machen und mit Bedeutung »aufladen«?

In einem Workshop haben wir den bestehenden Claim »Gemeinsam sozial handeln« auf die Kommunikation einzelner Organisationseinheiten eines Trägers übertragen und überlegt, wie er in Social-Media-Beiträgen sichtbar werden kann:

Tonalität – oder auch »Corporate Language« – ergibt sich aus den Werten und der grundlegenden Haltung einer sozialen Organisation.

Ein Beispiel: Aus der Frage »Wer sind wir?« ergeben sich Motti oder Leitsätze wie »Wir suchen das Gespräch mit Straßenjugendlichen und versuchen, ihnen eine Perspektive zu geben«. Aus der Frage »Wie sind wir?« folgt eine Kernbotschaft wie »Streetwork heißt, auf der Straße zu Gast sein«. Und aus der Frage »Wie treten wir auf?« ergibt sich eine Tonalität, um zielgruppengerechte Botschaften zu formulieren.

In manchen Workshops überlegen wir gemeinsam, wie sich dieselbe Botschaft in unterschiedliche Tonalitäten ausdrücken lässt – je nachdem, welche Werte eine soziale Organisation für sich definiert hat. Ein Beispiel:

Zielgruppe(n) im Blick

Lebensweltorientierung hin oder her: In der Öffentlichkeitsarbeit sozialer Organisationen geraten Adressat*innen als Zielgruppe schnell aus dem Blick. In meinen Workshops und im Austausch mit Kund*innen aus der Sozialen Arbeit stellt sich oft ein Aha-Moment ein, wenn es darum geht, die Sichtweise umzudrehen; also Texte nicht aus der Innenperspektive heraus zu formulieren und die Denk-Strukturen des eigenen Arbeitsplatzes zu reproduzieren, sondern an den Bedürfnissen der Zielgruppen anzudocken.

Ist dieser Aha-Moment erreicht, flutscht die Arbeit: Sozialarbeiter*innen kennen die Bedürfnisse und Sprache ihrer Adressat*innen schließlich gut und haben meist viele kreative Ideen, um sie einzubeziehen. Das hilft:

Was googelt die Zielgruppe, wenn sie nach eurem Angebot sucht?

Im Workshop mit einem Träger der Antidiskriminierungsarbeit haben wir die bisherigen Botschaften in den Blick genommen – und den Zielgruppennutzen herausgearbeitet:

Nutzen formulieren

Nutzen formulieren

95 Prozent aller Entscheidungen treffen Menschen unbewusst, aufgrund von Emotionen: »Lese ich diesen Text oder klicke ich weiter?« – »Nehme ich Kontakt zu einer Beratungsstelle auf?«

Gern setze ich in Workshops zur Öffentlichkeitsarbeit sozialer Organisationen die Limbic® Map von Hans Georg Häusel ein. Sie bildet das menschliche Gehirn als Landkarte ab und zeigt verschiedene Emotionen, die Handlungsauslöser sein können. Sie ist also ein Analyse-Tool, die die Motive und Werte einfach darstellt, die sowohl Sender als auch Empfänger von Botschaften triggern können.

In der rechten – rationalen – Hälfte finden wir Emotionen / Werte wie Durchsetzungsfähigkeit, Leistung, Logik und Präzision. Menschen, die aufgrund dieser Motive handeln und entscheiden, werden als Dominanz-Typen beschrieben.

In der linken – emotionalen – Hälfte finden wir Werte wie Neugier, Kreativität oder Abwechslung. Menschen, die durch diese Werte angeregt werden, werden als Stimulanz-Typen bezeichnet.

In der unteren Hälfte finden wir Werte wie Vertrauen, Sicherheit, Gerechtigkeit oder Nostalgie. Menschen, die sich durch diese Werte motivieren lassen, werden als Balance-Typen bezeichnet.

Im unteren Teil unterscheiden wir noch einmal: links beziehungsorientierte Typen, die Wert auf Gemeinsachft, Authentizität oder Herzlichkeit legen, und rechts die disziplinierten, kontrollierten Typen, für die Qualität, Moral oder Ordnung eine wichtige Rolle spielen.

Wenn wir die Limbic Map von oben nach unten unterteilen, wird es spannend: Oben angesiedelt sind Werte und Emotionen, die eher auf ein intuitives Denken, Fühlen und Verhalten schließen lassen. Diese Typen entscheiden schnell und aus dem Bauch heraus.

Unten angesiedelt sind Werte und Emotionen, die darauf schließen lassen, dass Menschen viel Information brauchen, um Vertrauen zu schöpfen oder Sicherheit zu gewinnen.

»Information« meint also eben nicht nur das, was wir klassischer Weise unter Information verstehen – also Fakten, Daten und Belege, sondern Informationen können auch zwischenmenschliche Informationen sein, wie bildhafte Eindrücke, ein freundliches Gesicht oder menschlich vorbildhafte Geschichten.

Im Neuromarketing werden aufgrund dieser Unterteilung häufig vier Typen von Zielgruppen gebildet:

  • Kreative, Offene oder Abenteurer*innen, die aufgrund emotionaler Reize intuitiv handeln
  • Visionär*innen, Vordenker*innen und Entscheider*innen, die aufgrund logisch erscheinender Motive ebenso schnell und intuitiv handeln
  • Harmonisierer*innen oder Beziehungsorientierte, die sich viel emotionales, zwischenmenschliches Wissen benötigen, um Vertrauen zu schöpfen
  • Analytiker*innen, die gerne tief in logische, rationale Informationen eintauchen, um sich eine fundierte Bewertungsgrundlage zu bilden

Und so kann das aussehen, wenn wir unsere Botschaften auf die Zielgruppen ausrichten:

Auch bei der Gestaltung von Medien können wir Sozialarbeiter*innen die Neurozielgruppen im Blick behalten:

Visionär*innen wollen intuitiv und schnell erfassen, worum es geht. Sie brauchen:

  • Wenig Text, viel Weißraum, kühle Farben
  • Nutzen in Text & Bild auf den Punkt gebracht
  • Visionäre Bilder und Headlines

Analytiker*innen brauchen viel Information, um Vertrauen zu schöpfen. Für sie sind sinnvoll:

  • Viel Text, sachliche Infos, Bullet-Points
  • Logischer Aufbau, klare Struktur, kühle Farben
  • Wissenschaftlicher Duktus und korrekte Zitierweisen
  • Die Gestaltung bleibt möglichst gleich

Beziehungsorientierte brauchen viel zwischenmenschliche Information, um Vertrauen zu schöpfen:

  • Emotionale, verbindende Headlines
  • Viel Text, Geschichten, Reportage, Storytelling
  • Warme Farben, Mensch, Gesichter, persönliche Infos

Kreative und Offene suchen Abwechslung. Sie interessieren sich für Medien, die sie inspirieren und staunen lassen:

  • Immer mal was anderes in der Gestaltung, ungewöhnliche, neue Formate
  • kreative Headlines
  • viel Weißraum, wenig Text
  • Ungewöhnliche Farben und Bilder

Zum Aha-Moment bei mir selbst und Workshop-Teilnehmer*innen kommt es immer wieder durch die Feststellung: Ich bin selbst »Typ A«, sollte aber in der Öffentlichkeitsarbeit auch die anderen Typen mitbedenken.

Die Website checken lassen:

Im Projekt »Digital Active Women« von Minor haben Frauen, die nach Deutschland eingewandert sind, als Co-Forscherinnen die Websites und Social-Media-Auftritte von 17 Kommunen und sozialen Organisationen begutachtet. Ihr Feedback fließt in die Projekte zurück.

»Für manche Auftraggeber*innen war es das erste Mal, dass sie ihre Web-Auftritte überhaupt mit den Augen der Zielgruppe betrachteten«, sagt Ildikó Pallmann, die das Projekt koordiniert. Da ging es erstmal um ganz grundlegende Dinge: Viele der Websites sind nach der inneren Logik der Organisationen aufgebaut, statt primär auf Fragen zu antworten, die sich Besucher*innen stellen: »Worum geht’s? Was bringt mir das? Wo kann ich mich melden?« Es gibt oft viele tolle Infos; doch es fehlen kurze Teaser und Zusammenfassungen, um schnell zu erfassen, worum es auf der Seite geht. Die Inhalte sind ausführlich, oft in Fachsprache, also für Nicht-Muttersprachler*innen schwer zu verstehen – und wenn es Übersetzungen gibt, sind sie oft unvollständig. Häufig ist die Zielgruppe nicht klar definiert: Richtet die Website sich an Adressat*innen, Fachleute oder Geldgeber*innen? Selten wird mit multimedialen Elementen wie Erklärvideos gearbeitet. »Dabei kann man die heute sehr einfach und günstig selbst erstellen«, findet Ildikó Pallmann.

Die Co-Forscherinnen sagen: »Es gibt in Deutschland tolle Beratungsangebote, aber mit diesen Websites hätten wir das nicht verstanden.« Durch das konstruktive Feedback erlebten die Anbieter*innen viele Aha-Momente. Und die Feedback-Geberinnen wurden im Lauf des Projektes immer selbstbewusster, weil sie spürten: Meine Kritik ist willkommen!

Kommunikationsprojekte gemeinsam entwickeln:

mokli-help.de ist ein »Hilfefinder für Menschen in Not«. Die mobile Website zeigt Schlafplätze, mobile Duschen oder Ärzt*innen, die Menschen ohne festen Wohnsitz kostenlos beraten. Straßenjugendliche haben sie gemeinsam mit der Hilfsorganisation KARUNA Berlin entwickelt, finanziert wurde sie durch die Google Impact Challenge Deutschland. So entstand eine digitale Hilfe, die Anwender*innen intuitiv verstehen und die wenig teures Datenvolumen verbraucht. Vor allem aber haben die Jugendlichen erfahren, wie es ist, wenn man das eigene Leben selbst in die Hand nimmt und damit sogar anderen helfen kann.

Bestehende Strukturen nutzen und z.B. »Influencer*innen« fördern, die bereits zum Empowerment unserer Adressat*innen beitragen:

Dr. Alexandra Widmer ist Oberärztin für Neurologie und Psychotherapie in Hamburg. 2017 gewann sie den Emotion-Award für soziale Werte für ihr Projekt „Stark und alleinerziehend“ – ein Blog, aus dem ein Buch wurde, einen Podcast gibt es dazu auch. „Nur wenn es dir selbst gut geht, geht es deinem Kind gut“, lautete die Botschaft. In ihren Beiträgen geht es um Stressverarbeitung, Burnout-Prävention, Resilienz, den Umgang mit Gefühlen, guten Schlaf oder Achtsamkeit. Alleinerziehend ist Alexandra Widmer schon lange nicht mehr, sie lebt in einer Patchwork-Familie. Doch dass sie es war, erklärt wohl einen Teil ihres damaligen Erfolgs: Sie hatte genau dieselben Situationen durchlebt wie andere Alleinerziehende und konnte empathisch darüber sprechen. In Kürze entstand eine Followerschaft von über zehntausend Menschen auf Facebook, die junge Ärztin wurde für viele zur positiven Identifikationsfigur. „Ich habe Alleinerziehenden aus allen Bildungsschichten erreicht“, sagt Alexandra Widmer heute. „Viele trauten sich zum ersten Mal, offen darüber zu sprechen, dass sie alleinerziehend sind – und welche psychischen und gesundheitlichen Belastungen damit einhergehen.“

Über ihr öffentliches Engagement kam sie in Kontakt mit Verbänden und Organisationen, die sie als Rednerin einluden. Das hat Alexandra Widmer mit anderen alleinerziehenden Blogger*innen und Journalist*innen gemeinsam wie Christine Finke („Mama arbeitet“), Sarah Zöllner („Mutter und Sohn Blog“), Silke Wildner („Gut alleinerziehend“), Jochen König oder Journalistinnen der Onlineplattform „Solo-Mütter“. Ähnliches kennt auch Marc Hasselbach, der als Suchterfahrener und digitaler Sozialarbeiter den Podcast „Sucht und Ordnung“ betreibt. Er hat als eine Art Botschafter so viele Einladungen zu öffentlichen „Drug Talks“ bekommen, dass er irgendwann sagte: „Ich würde gern mal wieder über was anderes sprechen.“ Dr. Rasha Alkhadra ist Zahnärztin – und hat als Influencerin für das Bezirksamt Berlin-Mitte vielen neu nach Deutschland eingewanderten Frauen den Weg ins öffentliche Gesundheitswesen und zu Beratungsstellen erleichtert. Und auch der frühere Straßenjugendliche Dominik Bloh wurde als Buchautor von vielen sozialen Organisationen zu Lesungen eingeladen. Er hat in Hamburg die Initiative „GoBanyo“ gegründet: Ein umgebauter Linienbus ermöglicht es Menschen ohne festen Wohnsitz, kostenlos zu duschen. Dominik Bloh schreibt über seine Erfahrungen im Blog auf www.gobanyo.org.

Digitale Multiplikator*innen ausbilden:

Im Projekt „Digital Empowerment – Neue Wege in der Gesundheitsförderung mit alleinerziehenden Frauen“ versuchen Medienpädagog*innen, im Bremer Stadtteil Tenever Multiplikatorinnen für gesunde Ernährung zu gewinnen, sie in ihrer Medienkompetenz zu schulen und so eine Community zu initiieren, die sich online wie offline mit gesundheitsrelevanten Informationen auseinandersetzt. Herzstück des Projekts ist ein Blog, in dem Frauen zusammen mit dem Projektteam „gesunde“ Rezepte vorkochen und in Videos und Blogbeiträgen präsentieren: FouFou mit Erdnusssoße, Hirsesuppe, Walnussbrot. Ernährungsexpertinnen kommentieren die Zusammensetzung und Inhaltsstoffe der Rezepte.

Viele Frauen sind stolz darauf, ein Rezept online zu zeigen. Manche zeigen aber nicht gern ihre Gesichter und wollen meist auch nicht namentlich genannt werden. Das ist ein großer Unterschied zu echten Influencer*innen, die die Online-Communitys durch ihre Persönlichkeiten – oder über das menschliche Interesse an anderen Menschen – am Laufen halten. Stattdessen braucht es in Bremen-Tenever ein dauerhaftes Engagement des Projektteams, das immer wieder auf neue Frauen zugehen und fragt: „Willst du nicht auch mal ein Rezept präsentieren?“

Einen Blog mit aktiven Social-Media-Kanälen aufzubauen, ist „auf jeden Fall kein Selbstläufer“, wie die Medienpädagogin Dr. Christina Sanko sagt. Auch Praktikantinnen fangen das mit ihrer Arbeitszeit immer wieder auf. Die Frauen bekommen für das Erstellen von Rezepte-Posts und Videos vom Verein eine Aufwandsentschädigung, denn: »Wir wollen nicht zum Prekariat beitragen, indem wir unbezahlte Arbeit von kinderreichen Familien oder Alleinerziehenden fördern.« So oder so wirkt das Bloggen und Posten von Gesundheitsthemen aber auch nur deshalb nachhaltig, weil die Frauen sich auch offline treffen, zusammen frühstücken, Sport machen oder in Gesprächsrunden vertiefen: Wie gut ist Dr. Google? Was tun, wenn der Blutdruck steigt? Welche gesunden Rezepte schmecken Kindern – und was tun, wenn’s morgens schnell gehen muss?

1. Die Kommunikation auf vielfältige Zielgruppen ausrichten

In der Kommunikation Sozialer Arbeit nach außen gibt es eine Reihe von Zielgruppen: Adressat*innen, Angehörige, Netzwerkmitglieder und Fachkräfte, Projektträger, Geldgeber, (Lokal-)Politik und die breite Öffentlichkeit. Oft passiert es, dass ein Medium – wie eine Website – alle abzudecken versucht. Und das ist schwierig, denn jede Zielgruppe hat andere Bedürfnisse.

Bewährte Lösungen sind:

  • Angebote kommunizieren, statt die innere Logik der eigenen Organisation abzubilden
  • Verschiedene Medien für unterschiedliche Zielgruppen entwickeln
  • »Filter-Funktion« auf Websites: Ich ordne mich als Adressat*in selbst einer bestimmten Gruppe zu und werde auf die richtige Seite gelenkt
  • Zielgruppen-Bedürfnisse z. B. mit Hilfe von Persona-Modellen im Workshop analysieren und erste Botschaften definieren

User Experience (UX), Service Design, Nutzer*innen-Tests oder Persona-Modelle helfen auf hohem Niveau, Kommunikation für Nutzer*innen auszurichten. Solche Methoden sind sehr partizipativ, beziehen die Menschen ein, um die es wirklich geht. Das passt zur Grundhaltung Sozialer Arbeit und verleiht der Öffentlichkeitsarbeit oder dem Marketing tieferen Sinn.

Gute Impulse dazu findest du auch hier: www.servicedesign-suedwest.de

2. Menschen erreichen, die keine Zeit – oder kein Problembewusstsein – haben

»Wie erreichen wir mit unseren Angeboten pflegende Angehörige – also Menschen, die oft rund um die Uhr beschäftigt sind und sich ihrer eigenen Belastung oft nicht bewusst sind?« Die Frage einer Sozialarbeiterin aus einem Pflegestützpunkt beschäftigte mich im Rahmen eines Fachartikels zur Gesundheitsförderung in der Sozialen Arbeit.

Die Aktion Demenz aus Vorarlberg hat eine kreative Kampagnen-Idee entwickelt: Ehrenamtliche machten sich eines Morgens auf den Weg, um pflegenden Angehörigen in ihrer Gemeinde frische Frühstücksbrötchen an die Haustüre zu liefern.

Aktion Frühstückskorb

Mehr zur Aktion Frühstückskorb findest du auf: blog.aktion-demenz.at.

Weitere Ideen meiner Gesprächspartner*innen waren:

  • Aufsuchende digitale Kommunikation (z.B. Streetwork auf nebenan.de)
  • Aufmerksamkeit durch kreative Marketingaktionen wecken
  • Bewusstsein schaffen durch ein öffentliches Sprechen über Gesundheitskompetenz

Es bleibt aber das »Präventions-Dilemma«: Gerade die Menschen, die durch mehrere Faktoren belastet oder in ihrer gesellschaftlichen Teilhabe eingeschränkt sind, werden von klassischer Kampagnenkommunikation oder rein informativen Präventionsangeboten oft nicht erreicht. Es profitieren diejenigen, die ohnehin gut darin sind, sich Informationen zu suchen, einzuordnen und im Alltag anzuwenden.

Sozialraum-Orientierung ist sicherlich nach wie vor der beste Weg, um Bewusstsein zu schaffen. Interessant finde ich, kreative Marketingideen und bewährte Konzepte der Sozialen Arbeit miteinander zu verbinden.

3. Menschen erreichen, die wenig vom Gemeinwesen erwarten

Eine Studie von More in Common hat ergeben: Ein Drittel der deutschen Gesellschaft ist sozial und politisch nicht eingebunden. Das Gefühl von Einsamkeit ist in dieser Gruppe besonders groß. Das »unsichtbare Drittel« hat nur bedingt das Gefühl, das eigene Schicksal in der Hand zu haben. Politische Kategorien wie »links« oder »rechts« geben diesen Menschen keine Orientierung mehr. Über die Hälfte aller Nicht-Wähler*innen kommt aus dem unsichtbaren Drittel der Gesellschaft.

Demokratieförderung, ungleich in der Gesellschaft wirkende Megatrends – wie Digitalisierung, Gesundheit und Nachhaltigkeit – oder Altersarmut als Folge des demographischen Wandels werden damit viel stärker zur Aufgabe Sozialer Arbeit. Beziehungsweise: Methoden der Sozialen Arbeit werden stärker gefragt sein, um das unsichtbare Drittel zu erreichen und einer weiteren gesellschaftlichen Spaltung entgegenzuwirken.

Besonders die »Pragmatischen« haben laut der More-in-Common-Studie oft das Gefühl, von anderen verachtet zu werden. Das muss Kommunikation berücksichtigen: Sie muss auf Augenhöhe sein, um nicht abzuschrecken. Sie darf nicht problemorientiert sein, sondern soll Lust machen und darstellen, dass sich mit wenig Einsatz etwas Gutes erreicht lässt, das hilft, an den bürgerlichen Mainstream anzuschließen.

4. Social Marketing – Verhaltensänderung bewirken, wenn Information nicht ausreicht

 

Ressourcen schonen in der Öffentlichkeitsarbeit Sozialer Arbeit

Ständig Beiträge in Social Media posten, die lokale Presse bedienen, die Website auf dem aktuellsten Stand halten, in Podcasts als Expert*in auftreten – und dann auch noch Zielgruppen in die Öffentlichkeitsarbeit einbeziehen, Fachbeiträge schreiben oder einen Tag der Offenen Tür planen? Hand aufs Herz: Mir geht’s genauso. Ich kann das im Alltag nicht alles nebenher. Und muss auch gar nicht.

Wichtig ist, die eigenen Kernbotschaften im Blick zu behalten, Standards zu definieren und eventuell einen Kommunikationsweg zu bestimmen, der für die Zielgruppen gut funktioniert. Bei mir ist es diese Website, über die mich viele Anfragen und Kontakte erreichen.

In einem Workshop haben Kolleg*innen aus unterschiedlichen Organsiationseinheiten eines sozialen Trägers überlegt, wie einzelne Social Media-Aktivitäten künftig stärker gebündelt werden und auf gemeinsame Kernbotschaften einzahlen können.

Ein Stimmungsbild ergab, dass sie auch weiter spontan Social-Media-Posts erstellen wollen, wenn es gut in den Arbeitsalltag passt:

Es sollten aber Standards definiert werden. Damit begannen wir im Workshop gleich:

Auch in der Arbeit mit ehrenamtlichen Redakeur*innen zeigt sich immer wieder, dass es sinnvoll ist, Redaktionsstandards zu definieren. Idealerweise wird dies mit einem Workshop aufgetaktet und von Hauptamtlichen – oder mir als Freiberuflerin – ausgearbeitet.

Redaktionsstandards beinhalten zum Beispiel:

  • Unsere Werte und Haltung
  • Einheitliche Sprachregelungen
  • Grundsätzliche Redaktionsregeln
  • Texte strukturieren
    • Textlänge
    • Textaufbau
  • Formate, z.B.
    • Porträt
    • Geschichten aus dem Organisationsalltag
    • So gelingt XY (Service-Artikel)
    • Persönliche Beiträge
  • Bilder/Videos
  • Redaktionsplanung
  • Lektüre-Tipps

Ein schönes Tool, um Inhalte sinnvoll zu planen, ist auch die Content-Ampel von Dr. Kerstin Hoffmann. Sie hilft dir bei der Frage: »Soll ich das posten?«

Content Recycling heißt, dass du bereits erarbeitete Inhalte für die Öffentlichkeit im Blick behältst: Wo kann ich das nochmal einsetzen? Ein schönes Beispiel dafür ist die Freiburger StraßenSchule, für die ich als Texterin gern arbeite: Print-Mailings, die regelmäßig an Spender*innen verschickt werden, werden auch auf der Website als »News« eingepflegt. Frühere Interviews mit Straßenjugendlichen oder Mitarbeiter*innen werden in Website-Beiträgen angeteasert, die thematisch passen.

Suchmaschinen-Expert*innen empfehlen, statt regelmäßig z. B. ein Blog zu füllen die bestehenden Beiträge auf einer Website immer wieder zu analysieren: Wie gut werden sie geklickt? Findet die Zielgruppe die Informationen, die sie suchen? Wie können wir die Inhalte noch »anfüttern«? So entwickelst du im Lauf der Jahre einen wertvollen Schatz an Beiträgen für deine Öffentlichkeitsarbeit, deren Wirkung du kennst. Das Wissen kannst du immer wieder nutzen.

Eine weitere Strategie ist, Content zu kuratieren: Beobachte, was andere soziale Organisationen oder Expert*innen aus themenverwandten Bereichen posten, weise in deinen eigenen Medien darauf hin und – das ist wichtig! – füge eine eigene Botschaft oder Einordnung hinzu.

Marketingplan, Redaktionsplanung, Kommunikationsstandards oder Content-Strategie: hierzu gibt es eine Fülle an Literatur, Tipps und Hinweisen, die die Verantwortlichen für Öffentlichkeitsarbeit in sozialen Organisationen natürlich meist auch kennen. In meinen Workshops gehen wir daher selten in die Tiefe. Auf Wunsch empfehle ich aber Literatur oder Tools, die Teams zur gemeinsamen Planung nutzen können.

Meist gibt es auch eine Fülle an tollen Ideen, wie man Öffentlichkeitsarbeit kreativ gestalten könnte. Wesentlich ist, den Fokus zu behalten: Wie gut passt eine Idee zur Zielgruppe? Welche Ressourcen braucht es, sie umzusetzen? Ich biete an, Kosten und Aufwände vorab zu recherchieren oder im Workshop mit den Gruppen zu kalkulieren, wie eine kreative Marketingidee umsetzbar ist.

Viele Sozialarbeiter*innen sind kreative Menschen! Texte schreiben, Websites gestalten, Veranstaltungen bewerben – das macht Spaß, das liegt uns. Ideen finden ist also häufig nicht das Problem. Gerade im Bereich der soziokulturellen Animation finden wir schnell viele Beispiele, wie wir die Öffentlichkeit aktivieren können, um unsere Botschaften weiterzutragen.

Dennoch kann ein Workshop sehr gut genutzt werden, um die Fülle an Beispielen zur gelingenden Öffentlichkeitsarbeit gemeinsam zu sichten und zusammen zu gucken: Was kann ich über die klassische Öffentlichkeitsarbeit – mit Pressearbeit und Social Media – noch tun? Welche Ideen und Marketingkonzepte nutzen wir für uns? Was ist sinnvoll und machbar?

Für einen Workshop mit einem Netzwerk, das eine demenzfreundliche Gesellschaft stärken will, habe ich folgende Recherche zusammengestellt:

Content Marketing für Soziale Arbeit und Social-Profit-Organisationen

Soziale Arbeit ist prädestiniert für gute Öffentlichkeitsarbeit. Warum? Weil wir als Profession für Kommunikation auf Augenhöhe stehen. Wir müssen nur lernen, das ins Marketing und in die Öffentlichkeitsarbeit zu übertragen. Content Marketing steht für: beraten, informieren, unterhalten. Es geht darum, Zielgruppen nicht mit werblichen Botschaften zu überrollen, sondern ihre Bedürfnisse zu erfüllen. Besonders der Aspekt der »Beratung« trifft einen wesentlichen Kern Sozialer Arbeit.

Typische Fragen der Zielgruppe auf der Website oder in einem Flyer zu beantworten, ist der einfachste Weg, guten Content zu produzieren. Damit befindest dich beim Texten gedanklich im Kopf deiner Zielgruppe. Und auch Suchmaschinen mögen diese Art von Inhalten:

  • Wem dient das Angebot einer sozialen Organisation?
  • Wie kann ich die Hilfen in Anspruch nehmen?
  • Wie genau unterstützt ihr mich?
  • Bin ich Teil eines Teams oder werden Entscheidungen über meinen Kopf hinweg getroffen?
  • Was passiert, wenn unterschiedliche Meinungen zwischen mir und einer sozialen Fachkraft auftreten?
  • Wie ist es mit der Schweigepflicht?
Viele soziale Einrichtungen tragen in Ihrem Namen eine Reisemetapher wie die »Brücke«, den »Leuchtturm«, »Anker», »Kompass« oder die »Arche«. Und immer wieder werden in den Kampagnen sozialer Organisationen und Netzwerke Ehrenamtliche oder Klienten zu »Held*innen des Alltags« stilisiert.

Woher das kommt? Vom Storytelling. Geschichten folgen seit Jahrtausenden bestimmten Mustern.

Ein*e Held*in zieht aus in die große, weite Welt. Begegnet dem Bösen, kämpft für das Gute. Findet treue Begleiter*innen und Mentor*innen. Entwickelt sich persönlich weiter. Wird wiedergeboren, hat eine Mission oder entdeckt ein »wahres Ich«.

In Workshops oder Seminaren zur Öffentlichkeitsarbeit in sozialen Organisationen merke ich, dass Storytelling für ungeübte Schreiber*innen gewöhnungsbedürftig ist. Viele verbinden Storytelling mit kreativem Schreiben und sehr langen Texten, bei denen die Relevanz verloren geht. Eine Story kann aber kurz sein. Schon diese Anzeige erzählt eine Geschichte:

Und die kleinste Form des Storytellings kennen wir alle aus der Grundschule. Sie lautet: Subjekt, Prädikat, Objekt. Wer ein Verb nutzt, beschreibt immer eine Bewegung: Etwas verändert sich von A nach B. Und jedes Subjekt ist eine Art Held*in. So entstehen Bilder im Kopf.

So wirkt ein Satz ohne Subjekt und Verben:

»Im Mittelpunkt stehen drei Problemkreise: die technische Realisierbarkeit neuer Kommunikationsmittel in ihrer jeweiligen Relation zur wirtschaftlichen Praktikabilität und zur kundenseitigen Akzeptanz.«

Und so wirkt er mit: »Der Kongress will für die neuen Medien klären, was die Technik kann, was die Wirtschaft will und was die Kunden mögen.«

Zitiert aus: Schneider, Wolf: Deutsch für junge Profis. Wie man gut und lebendig schreibt. Rowohlt-Verlag: Berlin (1982).

Vorteile des Geschichtenerzählens: Menschen speichern Informationen in Form von Geschichten. Sie erkennen sich in Geschichten wieder. Geschichten schaffen Relevanz und haben eine hohe Überzeugungskraft. So lässt sich Kommunikation lenken.

Es gibt viele gute Bücher zum Storytelling in sozialen Organisationen. Wissensmanagement und Organisationsentwicklung sind – neben der Öffentlichkeitsarbeit Bereiche, die es als Methode nutzen. Als hilfreich für Workshops erlebe ich eine Anleitung des US-amerikanischen Journalisten Donald Miller:

Die Aufgabe in Workshops oder im Text-Coaching: Fülle das »BrandScript« im Workshop anhand der beispielhaften Geschichte einer*s Adressat*in deiner Organisation aus. So entstehen meist gute Headlines oder Texteinstiege, die lebendig wirken und den Charakter von Storytelling transportieren – ohne, dass die ganze Geschichte erzählt werden muss. So bleibt Kommunikation relevant.

Bilder sind ein großes Thema in der Öffentlichkeitsarbeit von Sozialer Arbeit. Jede Darstellung kann dazu führen, dass sich Ideologien und Klischees über die Adressat*innen verfestigen. Das schrieb mir kürzlich ein Sozialarbeitswissenschaftler, mit dem ich an einem Artikel zur Altersarmut arbeitete:

»Bilder zur Altersarmut sind strukturlogisch an sich immer ein Klisché. Ohne gemeinsame Interpretation führen sie immer zur Verfestigung der Ideologien, die vorher schon da sind. Da »man es ja nun sieht«. Man sieht allerdings faktisch Nichts, was eh schon im Kopf ist. Es ist nicht ganz von der Hand zu weisen, dass sich mit der Bilderflut die Warnungen von Vilém Flusser zur telematischen Gesellschaft zu bewahrheiten drohen und durch massenhafte Ikonographie angetrieben werden. Also bei aller Liebe und Anerkennung der positiven Intentionen finde ich doch, dass jedes Bild weniger eine Möglichkeit der individuellen Kreativität mehr ist.«

Ohne Bilder und Grafiken funktioniert aber eine Broschüre oder Website kaum. Bilder schaffen Aufmerksamkeit, Menschen interessieren sich für Menschen. Manchmal können wir ausweichen; über eine spannende Gestaltung, Grafiken oder Cartoons. Doch gute Gestaltung kostet Geld und eine Grafik transportiert wenig Emotion. Soziale Organisationen setzen daher oft auf Metaphern und günstige Stock-Bilder – der Leuchtturm als Wegweiser, die Brücke, der Kompass oder die Arche; gefaltete Hände eines alten Menschen und Adressat*innen oder Ehrenamtliche, die im Superman-Kostüm zu Alltagsheld*innen stilisiert werden. Ganz ehrlich: Das wirkt oft ein bisschen abgedroschen und unterfüttert aus meiner Sicht viel mehr Klischees, als wenn eine engagierte Werbeagentur ein schönes Shooting macht.

Gute, klischeefreie Bilder findest du zum Beispiel in der Datenbank gesellschaftsbilder.de. Sie sind für redaktionelle Zwecke kostenlos. Für Marketing und Öffentlichkeitsarbeit kannst du die Fotograf*innen anfragen. Die Datenbank unsplash.com ist bei Kreativen recht beliebt, weil du hier teils Fotografien findest, die von den typischen Stock-Bildern abweichen. In den letzten Jahren hat sich Unsplash aber so sehr verbreitet, dass du viele der Bilder dort schon aus verschiedenen Medien kennen dürftest. Die österreichische Organisation Promenz bietet einen kostenfreien Foto-Pool mit klischeefreien Bildern zur Demenz: www.promenz.at/medien/bilderpool.

Was ich in den vergangenen Jahren immer wieder getan haben: Wenn ich für die Öffentlichkeitsarbeit einer sozialen Organisation auf der Suche nach guten Bildern bin, schaue ich rechts und links, checke Instagram-Kanäle und finde immer wieder thematisch verwandte Fotos, die die Fotograf*innen auf Anfrage auch oft zur Verfügung stellen. Manchmal frage ich Cartoonist*innen und Künstler*innen an.

Und noch ein Pro-Argument für das bewusste Spielen mit Klischees: Meine Studierenden in einem Seminar zu »Journalismus und Sozialer Arbeit« haben vor einigen Jahren daran geforscht, was die Vorteile von anknüpfungsfähigen Stereotypen sind. Wie du in der Öffentlichkeitsarbeit daran andocken und gleichzeitig variieren kannst, liest du in ihrem Artikel: sozialearbeitmeetsjournalismus.files.wordpress.com

Für die Fach- und Verbandszeitschrift FORUM sozial des DBSH habe ich ein Cartoon-Projekt angestoßen: Anja Meyer ist Kunstpädagogin und zeichnet nebenberuflich Comics und Cartoons. Sie freute sich über die Anfrage und ist interessiert an »Futter«, das du ihr aus der Sozialen Arbeit lieferst: kuriose, besondere, typische Geschichten aus dem Arbeitsalltag, die es wert sind, als Cartoon gezeichnet zu werden. Eine Zeichnung bei Anja kostet rund 50 Euro netto, je nach Aufwand. Du kannst sie hier kontaktieren: fraumeyer1@gmx.de

Auch für das Cover der FORUM sozial suche ich immer wieder in der Welt der Kunst nach Menschen, die ihre Werke zur Verfügung stellen – und im Gegenzug von meinen Kund*innen oder mir vorgestellt oder kuriert werden. Meine Erfahrung ist: Viele Kunstschaffende sind daran interessiert, ihre Werke für sinnvolle Zwecke einzusetzen und lassen sich gern auf Kooperationen ein. Frag mich bei Interesse an einer solchen Kooperation gerne an; ich teile meine Erfahrungen oder biete dir eine Recherche an.

Kino als Plattform nutzen: Systemsprenger, Sonne und Beton, Wochenendrebellen – es gibt viele Spielfilme, die die Themen Sozialer Arbeit berühren oder in denen Sozialarbeiter*innen als Rolle darstellen. Nutzt aktuelle Filme, um auf eure Themen aufmerksam zu machen!

Die Agentur »Jetzt und Morgen« unterstützt soziale Organisationen dabei, ein Kino zu finden, das zum Beispiel im Anschluss an das gemeinsame Filmschauen noch Raum für ein Publikumsgespräch bietet. Die Besucher*innen kaufen sich Kinokarten entweder selbst oder Ihr bucht das Kino für eine nicht-öffentliche Sonderveranstaltung. Die Kosten liegen bei 7–9 Euro pro Ticket. Zum Filmstart bietet die Agentur auch immer wieder kostenlose Kinotickets an, die du zum Beispiel innerhalb deiner Zielgruppe verlosen kannst. Mehr Info: www.jetztundmorgen.de

Fünf Monate nach Filmstart gelten übrigens die nicht-gewerblichen Vorführrechte. Nach Absprache mit dem Rechteinhaber könnt ihr den Film also gegen eine geringere Gebühr auch in eigenen Räumen zeigen. Wendet euch direkt an die Rechteinhaber, also zum Beispiel Constantin Film: www.constantin-film.de

Content Marketing heißt, mit Inhalt überzeugen. Dafür brauchen wir professionell aufbereitete Kommunikationsmittel. Und das, obwohl wir selbst keine Medienschaffenden sind, sondern als Sozialarbeiter*innen alle Hände voll zu tun haben. Wie soll das gehen?

In meiner Masterarbeit »Fachjournalismus Soziale Arbeit« habe ich 2015 erforscht, wie Journalist*innen Soziale Arbeit wahrnehmen und in ihre Arbeit einbringen. Im darauffolgenden Lehrauftrag an der Evangelischen Hochschule Freiburg habe ich mit Studierenden daran gearbeitet, journalistisches Denken kennenzulernen, mit Redaktionen in Austausch zu kommen – und gegenseitige Klischees und Vorurteile abzubauen. Ich bin überzeugt, dass beide Professionen viel gemeinsam haben und voneinander lernen können. Ebenso ist es bei Werbung, Marketing und Design.

Ein paar wichtige Erkenntnisse will ich dir hier darstellen – ohne Anspruch auf Vollständigkeit oder darauf, wissenschaftlich zitierfähig zu sein. Sieh es einfach als Impuls. Wenn du tiefergehende Fragen hast, kannst du dich gern per E-Mail bei mir melden.

Systemtheoretisch gedacht, hat Journalismus die Aufgabe, Gesellschaft zu beschreiben. Er selektiert für andere Funktionssysteme vor, welche Informationen für sie relevant / nicht relevant sind.

Soziale Arbeit hat die Aufgabe, Menschen ihre Position in der Gesellschaft zu sichern – auch, wenn sie schlechte Ausgangsbedingungen haben oder von Armut, Krankheit oder Krisen betroffen sind. Relevant für Soziale Arbeit ist, wenn Menschen »bedürftig« oder von sozialen Problemen »betroffen« sind. »Nicht-Bedürftigkeit« und »Nicht-Betroffenheit« sind nicht relevant. In dieser Logik ist alles »Journalismus«, was hilft, Information zu selektieren. Das müssen nicht zwingend Leitmedien sein.

Journalismus und Soziale Arbeit haben in ihrer Funktionslogik jeweils eine zeitliche, inhaltliche und soziale Dimension:

Du siehst also: Journalismus »kann« ein Thema der Sozialen Arbeit nur dann aufgreifen, wenn es entweder einen aktuellen Bezug gibt oder eine gesellschaftliche Entwicklung als »real« beschrieben werden kann. »Real« heißt etwa, dass Menschen bereit sind, als Expert*in unter Klarnamen und mit Bild eine Problematik zu beschreiben, die sie selbst und andere in größerem Ausmaß betrifft. Das erfordert manchmal Mut; gerade wenn es um eigene Bedürftigkeit und Selbst-Betroffenheit geht. Sozialarbeiter*innen bremsen hier manchmal, weil sie die öffentliche Zuschreibung von Hilfebedürftigkeit mit der Gefahr von Stigmatisierung verbinden, vor der sie Adressat*innen schützen möchten. Eine paternalistische Haltung kann aber nicht die Lösung sein. Zumal Journalist*innen auch selbst eine Berufsethik haben.

Eine gute Idee ist keine Nachricht. Gibt es kein Publikum, ist ein Thema auch keine Nachricht. Eine Möglichkeit, zur Nachricht zu werden, ist, Dinge neu und in anderem Licht darzustellen als bisher. »Service-Journalismus« hat sich etwa zu dem Zeitpunkt entwickelt, als – verbunden mit Digitalisierung und All-Verfügbarkeit von Informationen – das »Zeitungssterben« begann und Redaktionen sich überlegen mussten, wie sie für Zielgruppen »relevant« bleiben könnten. Diese Zeit war sicherlich auch die Geburtsstunde des Content Marketings.

Eine weitere Möglichkeit ist, die Art der Kommunikation und des Mediums selbst zum Thema zu machen. So sind in den letzten Jahren Strömungen wie »Good-News-Journalismus« entstanden, der bewusst gute Nachrichten zum Gemeinwohl oder Nachhaltigkeit verbreitet. Über Crowd-Funding sammeln Journalist*innen Budgets für Recherchen, für die Leser*innen bereit sind, zu bezahlen. Und es differenzieren sich immer mehr Fachmedien aus. So finden auch »Nischenthemen« Verbreitung, die für die breite Öffentlichkeit nicht relevant sind. Blogs, Straßenzeitungen oder Sozialarbeiter*innen-Podcasts werden damit zum Kanal für einen Fachjournalismus Sozialer Arbeit.

Sozialarbeiter*innen können die Funktion übernehmen, für Redaktionen den Wahrheitsgehalt einer Geschichte zu überprüfen. Das erfordert aber eine andere Haltung in der Pressearbeit, als Redaktionen mit Nachrichten aus der eigenen Organisation zu beliefern: eine Presse-Zusammenarbeit. Und zudem einen Expert*innen-Status:

Sich mit der Logik der anderen Profession auseinanderzusetzen hilft in der Pressearbeit – und auch, wenn du eigene Inhalte erstellst. Das heißt nicht, dass du 1:1 die Anforderungen des Journalismus übernehmen musst. Öffentlichkeitsarbeit in der Sozialen Arbeit geht oft andere Wege als z. B. die freie Wirtschaft.

Du brauchst Unterstützung?

Frag mich an:

hallo@rebekkasommer.com oder 0174 9853579

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Rebekka Sommer über Öffentlichkeitsarbeit Soziale Arbeit

Photo by Jonathan Kemper on unsplash.com

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